Wahlmodell 4-Tage Woche

„Uns hat sehr überrascht, dass die 4-Tage Woche nicht so gut ankam“, erzählt Ramona Burghard. Die Chefin von Ortmeier, einem Maschinenbau-Unternehmen aus Langenhaslach im bayerischen Schwaben, wollte mit der 4-Tage-Woche Energie sparen. Fällt der Freitag weg, müssen die Hallen schließlich einen Tag weniger beheizt werden. Nur zwei Angestellte enthielten sich bei der Abstimmung über den Plan. Alle anderen waren dafür.

Der 4-Tage-Test bei Ortmeier war schnell und ohne Mehrkosten organisiert: Die Mitarbeiter bedienen jede Maschine, sodass die Prozesse in der Fertigung unverändert bleiben konnten. Lieferanten und Kunden wurden informiert. Den Telefondienst am Freitag übernahmen Ramona Burghard und ihr Bruder, mit dem Sie sich die Geschäftsführung teilt.

Doch schon nach wenigen Testwochen sank nicht nur die Stimmung im Team, sondern auch die Qualität in der Fertigung. „Wir haben gemerkt, dass uns an den langen Tagen mehr Fehler unterlaufen sind“, so Burghard. Ihre Mitarbeiter müssen zum Beispiel Konstruktionszeichnungen aufmerksam lesen und bis auf den Millimeter genau arbeiten. Am Ende eines Zehnstundentages fehlt dafür offenbar einigen die Konzentration.

Burghard fand in Einzelgesprächen mit allen 25 Beschäftigten heraus: den Jüngeren machen die langen Tage weniger aus. Dafür genossen sie den freien Freitag besonders. Die Älteren hingegen waren nach zehn Stunden Arbeit zu erschöpft, um ihren Hobbys nachzugehen. „Wir mussten überlegen, wie wir alle Mitarbeiter zufriedenstellen können“, sagt Burghard. Ihre Lösung: Flexibilität. Wer möchte, arbeitet weiterhin 4 Tage. Andere kehrten zurück zu den gewohnten fünf Tagen. Am Monatsende muss nur die Stundenzahl auf dem Arbeitszeitkonto passen. Ungefähr die Hälfte der Beschäftigten ist bei der 4-Tage-Woche geblieben.

Für das Unternehmen hat sich das Umdenken beim Arbeitszeitmodell gelohnt: Aus der Belegschaft kam der Vorschlag, die Maschinen von Kollegen mitlaufen zu lassen, die schon im Feierabend sind oder freitags frei haben. „Das bringt uns einen kleinen Produktivitätsgewinn“, sagt Geschäftsführerin Burghard.

 

Kleine Firmen im Vorteil

„Kleinere Betriebe haben bei dem Thema definitiv einen Vorteil gegenüber größeren Unternehmen“, sagt der Arbeitszeitexperte Zander. In kleinen Teams sind Absprachen leichter und die Bereitschaft ist tendenziell höher, in Ausnahmefällen doch am fünften Tag zu arbeiten. Diese Flexibilität und das Verständnis der Belegschaft für die Firmenbelange fehlen in Großunternehmen, beobachtet Zander. Doch ein 4-Tage-Test ist in einer kleinen Firma nicht nur einfacher aufzusetzen – sondern kann auch schnell wieder beendet werden.

Ramona Burghard, 32, leitet seit 2023 mit ihrem Bruder das Familienunternehmen Ortmeier aus Langenhaslach. Die 25 Beschäftigten können dank flexibler Arbeitszeiten jede Woche selbst bestimmen, ob sie vier oder fünf Tage arbeiten wollen.

 

Wahlmodell

DAS MODELL

Die Mitarbeiter entscheiden selbst, ob sie in einer Woche vier oder fünf Tage arbeiten wollen. Was zählt, ist die Soll-Arbeitszeit am Monatsende.

DER GRÖSSTE VORTEIL

Die Flexibilität erhöht die Zufriedenheit der Mitarbeiter. Drei neue Beschäftigte haben sich wegen des Arbeitszeitmodells beworben.

DIE GRÖSSTE SCHWIERIGKEIT

Das Modell setzt bei den Mitarbeitern Eigenständigkeit und bei den Führungskräften Vertrauen voraus.