Ortmeier-Chef übergibt Firmengeschick
Im September hatte das Familienunternehmen probeweise die Viertagewoche eingeführt –
auch um Energie zu sparen. Was aus dem Arbeitszeitmodell geworden ist.
Ein Bericht von Annegret Döring
Einen Wechsel in der Geschäftsführung gibt es bei der Firma Ortmeier im Neuburger Ortsteil Langenhaslach. Anton Burghard, der bisher mit seiner Frau Doris die Geschäftsführung bildete, zieht sich in den Ruhestand zurück und übergibt seine Firmenanteile an seine beiden Kinder Ramona und Michael. Der Senior hatte bereits in der Vergangenheit die Kinder, die beide in der Firma arbeiteten, in Entscheidungsprozesse einbezogen. Die 31-jährige Ramona ist Betriebswirtin und seit 11 Jahren dabei, ihr Bruder Michael, 34, Industriemeister Mechatronik und kam 2009 in die Firma. So wundert es nicht, dass die beiden Neu-Geschäftsführer der Firma, die auf Maschinenbau, Vorrichtungsbau, Werkzeugbau und Automatisierungstechnik spezialisiert ist, kaum einen Unterschied merken zum vorherigen Arbeiten. Bei den jüngsten Auftragsverhandlungen habe sich der Vater aber auffallend zurückgehalten, sagt Sohn Michael anerkennend. Die verliefen so gut, dass die Firma mit dem Großauftrag aus der Region bis zum Januar gut ausgelastet ist. „Ich bin stolz, dass ich Kinder habe, die Unternehmensnachfolger werden und Verantwortung übernehmen wollen, das ist nicht überall der Fall“, sagt der 64-jährige Vater. Seine Frau Doris hält weiterhin 50 Prozent der Unternehmensanteile.
Ortmeier hatte im Herbst 2022 von sich reden gemacht, weil man dort die Vier-Tage-Woche eingeführt hatte. Die damalige Energiekrise mit dem Anstieg der Preise hatte zu Energiespar-Überlegungen geführt, die in dem neuen Arbeitszeitmodell mündeten. Die Mitarbeiter waren dafür gewesen und man versprach sich damals auch einen Vorteil bei der Fachkräftegewinnung, die so eventuell eine gute Work-Life-Balance verwirklicht sähen. Die Testphase sollte bis März laufen, doch bereits nach drei Monaten wurde das Experiment abgebrochen und man zog Lehren daraus. Die Wochenstundenzahl blieb für die Angestellten gleich. Darum stellte sich bald heraus, „dass das schon sehr, sehr lange Arbeitstage waren“, berichtet Ramona Burghard im Gespräch mit der Redaktion. Die Mitarbeiter seien morgens im Dunkeln zur Arbeit gekommen, und abends sei es wieder dunkel gewesen, wenn sie Feierabend hatten. Sie hätten berichtet, dass sie nichts mehr von den Tagen hatten in ihrer Freizeit. So wurde mit jedem ein Einzelgespräch geführt, um herauszufinden, was das optimale Arbeitszeitmodell wäre. „Die Fachkräfte sollten ja auch zufrieden sein und vor allem im Unternehmen bleiben“, so Ramona Burghard. Und Anton Burghard ergänzt, dass es nach wie vor schwierig sei, Fachkräfte zu finden, und daher sollten die Mitarbeitenden sich auch im Unternehmen wohlfühlen. Herausgekommen ist inzwischen ein flexibles Arbeitszeitmodell. Jeder könne nun frei entscheiden, ob er eine Vier-, eine Fünf- oder eine Vierein-halb-Tage-Woche haben möchte bei jeweils 40 Wochenstunden. Die Mitarbeiter müssen zum Monatsende schauen, dass sie ihre Sollstunden gearbeitet hätten, und können weitestgehend entscheiden, wie sie das erreichen. „Das hat jetzt zu einer sehr großen Mitarbeiterzufriedenheit geführt“, sagt Ramona Burghard. Ihr Bruder Michael ergänzt, dass dieses Modell manchmal viel Planung erfordere, denn manche Aufträge müsse man ja zu bestimmten Terminen fertigstellen. Da spreche man mit den Angestellten, dass sie dann in jedem Fall anwesend seien. Gute Kommunikation sei da wichtig, das sei aber in einem kleinen Unternehmen gut machbar.
„Das hätten wir auch nicht gedacht, dass die Vier-Tage-Woche doch nicht so gut ankommt“, zieht Ramona Burghard Bilanz. „Letztendlich war uns die Mitarbeiterzufriedenheit doch wichtiger als das Energiesparen“, sagt sie. Nach den Einzelgesprächen hätte man gesehen, dass man etwas tun und die Entscheidung zur Vier-Tage-Woche revidieren muss. Da sei es gut gewesen, dass Entscheidungswege in einem Familienunternehmen schnell eingeschlagen werden könnten. Die Energieeinsparung habe man dann nicht mehr weiterverfolgt. Man sei mit einer Wärmerückgewinnungsanlage der Maschinenabwärme und überall eingebauten LED-Leuchten ohnehin bereits gut aufgestellt in Sachen Energieversorgung, sagt Neu-Rentner Anton Burghard.
Dennoch hat das ausprobierte Arbeitszeitmodell sogar vier neue Mitarbeiter ins Unternehmen gebracht, von denen drei vorher bei Großunternehmen angestellt waren. Einer arbeite nach wie vor in einer Vier-Tage-Woche, die anderen flexibel.
Alle in der Geschäftsführung haben das gute Gefühl, dass die Mitarbeiter nun gerne im Unternehmen bleiben wollen. Bisher waren übrigens Doris und Ramona Burghard das einzige weibliche Personal. Das ändert sich ab September, wenn eine Auszubildende zur Feinwerkmechanikerin in die Firma kommen wird. Über zwei Praktika hatte sie sich die Firma angeschaut, erzählt Ramona Burghard. Praktika findet sie eine gute Sache, man lerne die Menschen viel besser kennen, als es allein Schulzeugnisse aussagen könnten. Darum biete Ortmeier auch immer wieder Praktikantenplätze an.
Der ehemalige Senior-Chef schaut nach wie vor gelegentlich in der Firma vorbei, hat aber daheim eine Krippen-Werkstatt, die ihn sehr beschäftigt, er reist gerne und fährt viel Fahrrad. Langweilig werde es ihm nicht nach der Abgabe der Verantwortung, scherzt er.